Sonntag, 20. August 2017

Die letzte Zeit in Kolumbien

Nach der Amazonasreise musste ich noch knapp 2 Wochen zur Schule gehen.

Danach folgte die "RYLA"-Konferenz (Rotary Youth Leadership Award) in Ibagué. Alle Austauschschüler und zukünftigen kolumbianischen Austauschschüler aus der Region Bogotá nahmen daran teil. Diejenigen aus der südlicheren Region Cali hatten eine eigene RYLA.
Für die RYLA wurden wir am Freitagmittag in Bogotá mit 2 Bussen abgeholt und fuhren so gemeinsam bis nach Ibagué, wo wir abends ankamen. Dort mussten wir zuerst einmal alles Gepäck auf dem Boden auslegen, damit die Polizei dieses mit Spürhunden auf Drogen und Alkohol untersuchen konnte.


Nach dieser Kontrolle gab es Abendessen und eine Einstimmungsaktivität am Lagerfeuer.
Die Nacht verbrachten wir in Gruppenzimmern, einige Austauschschüler mussten aber auch in Zelten übernachten. Jungen- und Mädchenschlafbereiche waren strikt abgetrennt, ab Mitternacht patroullierte die Polizei mit Hunden, damit niemand mehr unerlaubt die Zimmer verliess. Rotary machte klar, dass sie gegen Ende des Austauschjahres keine Regelverstösse dulden würden.
Am nächsten Tag fanden morgens Vorträge zur Team- und Führungsarbeit statt, am Nachmittag machten wir einen Ausflug zu einer Reisfarm und anschliessend zu Wasserfällen, um dort baden zu gehen.

Am Sonntag war der "Militärtag". Wir wurden um 5 Uhr morgens durch einen Militärtrompeter geweckt, mit der Mitteilung, dass es aber erst um 6 Uhr Morgenessen gebe. Also gingen wir gleich nochmals bis um 5:45 Uhr schlafen. Um 6 Uhr standen wir zum Frühstück bereit, doch die Militärleute trudelten erst gegen 7 Uhr ein und wir durften auch erst dann frühstücken. Hauptsache um 5 Uhr geweckt!
Nach dem Frühstück machten wir mit den Militärs verschiedene Aktivitäten: Parkour, Waffenkunde, wie Waffen nachladen etc. Ich fand dies ziemlich komisch, da sich Rotary normalerweise für Frieden einsetzt - und dann machen wir einen "Militärtag"...
Sonntagnachmittag stand die Verabschiedung der anderen Austauschschüler aus der Grossregion Bogotá an, die ich in der verbleibenden Zeit nicht mehr sehen würde und danach ging es mit dem Bus zurück.

In der darauffolgenden Woche ging ich noch 3 Tage zur Schule, dann musste ich mich von meinen Klassenkameraden verabschieden. Diese hatten mich sehr unkompliziert aufgenommen und ich hatte eine tolle Zeit mit ihnen. So war auch der Abschied von ihnen relativ schwer.

Danach hatte ich keine Schule mehr. Ich unternahm nun viel mit den anderen Austauschschülern aus Bogotá und bald verbrachte ich auch ziemlich viel Zeit am Flughafen, um die nach und nach heimkehrenden Austauschschüler zu verabschieden. Dies war der traurigste Teil des Austauschjahres, denn ich habe unter den Austauschschülern viele neue Freunde gefunden, mit denen ich in diesem Jahr viel geteilt habe. Wir sind teilweise sehr "zusammengewachsen", da wir alle für ein Jahr unsere Heimat verlassen hatten. Aber glücklicherweise waren die meisten Austauschschüler in Kolumbien aus Europa, was das gegenseitige Besuchen in der Zukunft doch erleichtert.

Monserrate
Plaza Bolivar


Während dieser Zeit wurde ich mit meiner Gastfamilie auch an eine "Baby Shower" eingeladen. Dies ist ein für die werdende Mutter organisierter Anlass, diese und ihr (noch ungeborenes) Baby stehen dabei im Mittelpunkt. Es wurde gegessen, danach folgten Spiele und zum Schluss wurden der Mutter und ihrem Baby noch Geschenke und gute Wünsche "überreicht", so z.B. Babykleidung, ein Wickeltisch, ein Kinderwagen etc. - wirklich ein spezieller Anlass!


So verbrachte ich meine letzten Tage in Kolumbien, bis dann anfangs Juli meine Eltern und mein Bruder nach Kolumbien kamen. Zusammen bereisten wir gut drei Wochen lang einige Teile des Landes (Bogotá - Neiva - Kaffeeregion - Medellín - Küste), bevor wir nochmals nach Bogotá zurückkehrten, um all mein Gepäck für die Rückkkehr in die Schweiz abzuholen.


Nun bin ich nach einem Jahr in Kolumbien wieder zu Hause in Dallenwil angekommen.

Es war eine sehr tolle Zeit, es bleiben unglaublich viele Erlebnisse und Erfahrungen.
 Ich habe 1 Jahr in einer Stadt mit mehr Einwohnern als die ganze Schweiz gelebt, bin dort zur Schule gegangen und habe mich an die dortigen Gewohnheiten angepasst. Als "Nebeneffekt" kann ich mich nun auf Spanisch verständigen und bin selbständiger geworden. Ich habe viele Leute kennengelernt und Freundschaften geknüpft, sowohl mit Kolumbianern, als auch mit Austauschschülern aus der ganzen Welt.
Ich glaube, ich bin auch als veränderte Person zurückgekommen, sehe viele Dinge anders. Und mir ist sehr bewusst geworden, wie schön und gut wir es eigentlich hier in der Schweiz haben. Ich schätze es nun noch mehr, wie viele Freiheiten und Möglichkeiten wir haben.

An dieser Stelle möchte ich ganz herzlich dem Rotary Club Stans und auch Rotary Schweiz für die Ermöglichung meines unvergesslichen Austauschjahres danken.

Donnerstag, 10. August 2017

Amazonasreise

Hier der angekündigte Bericht zur Amazonasreise:


Bereits einen Tag vor Beginn der Amazonasreise kam Simon aus Ipiales (Grenzort zu Equador) nach Bogotá und verbrachte die Nacht bei mir. Dies, weil es am geplanten Reisetag für ihn keine Möglichkeit gab, ins Amazonasgebiet zu fliegen.

Am nächsten Tag fuhren wir mittags zum Flughafen, wo wir auf die anderen Austauschschüler der Zone um Bogotá trafen. Die Austauschschüler aus der Region um Cali hatten bereits am Morgen ihren Flug nach Leticia gehabt. Nach einem Mittagessen am Flughafen flogen wir nach Leticia , einer Stadt im Grenzgebiet Kolumbien - Peru - Brasilien. Beim Landeanflug sahen wir den Amazonas bereits von oben und es war ein eindrücklicher Blick!


Als wir in Leticia das Flugzeug verliessen, schlug uns eine Wand aus schwülwarmer, feuchter Luft entgegen. In Leticia mussten wir uns nach der Ankunft im Migrationsbüro registrieren lassen. Leticia ist zwar immer noch Kolumbien, aber wohl in der abgelegensten Ecke des Landes.
Danach ging es in Taxis gruppenweise zu unserer Unterkunft, wo wir die erste Nacht verbrachten. Das Hotel hatte einen Pool und es gab auch "Aircondition" in den Zimmern. Wirklich angenehm bei dieser feuchten Luft und den hohen Temperaturen!

Am nächsten Morgen ging es früh weiter. Wir bestiegen eine Art Transportschiff und fuhren auf eine Insel in der Mitte des Flusses. Auf dieser Insel mussten wir erneut aufs Migrationsamt, dieses Mal aber das Peruanische. Die Wartezeit war sehr lange, doch nach ungefähr 2 Stunden war unsere Austauschschülergruppe durch.

Anlegesteg

Nach dem Migrationsbüro fuhren wir ca. 45 Minuten auf dem Fluss weiter bis zu einem Bootshaus, wo wir auf kleine, schmale Boote umstiegen, mit denen wir auf einem Seitenarm des Amazonas bis zur nächsten Unterkunft weiterfuhren.

Umsteigestelle
Eigentlich könnte man zur Unterkunft laufen, aber wegen Hochwasser um diese Jahreszeit muss der Weg per Boot zurückgelegt werden
Extrem grosse Blätter 😲
Unterkunft in Sicht!


Dort wurden wir bereits von den Austauschschülern aus der Region Cali erwartet (sie waren bereits am Vortag bis dorthin gereist). Es gab ein grosses Wiedersehen und nach dem anschliessenden Mittagessen nahmen wir an verschienen Aktivitäten teil. So konnten wir in Zweierkayaks über einen seeartigen Nebenarm des Amazonas paddeln und fischen. Ausserdem kletterten wir an Seilen auf einen ca. 50 Meter hohen Baum. Dies war gar nicht so einfach: Beide Füsse steckten in Schlaufen und in den Händen hielten wir "Griffe", welche am Seil festgemacht waren. Um hochzukommen mussten wir jeweils die Beine hochziehen, dann auch dieser zusammengezogenen Position wieder aufrecht hinstehen und dabei die Handgriffe nach oben verschieben. Durch  dieses raupenartige Zusammenziehen und anschliessende Ausstrecken kam man immer ein kleines Stück weiter nach oben. Auf der Baumplattform angekommen, ging es dann mit einer Seilrutsche über den Fluss wieder nach unten. 

Auf die Einzelaktivitäten folgte ein Kayakwettkampf: Teams wurden gebildet und eine Strecke auf dem seeartigen Nebenarm abgesteckt. Dann fuhren jeweils 2 Personen in einem Kayak gegen die anderen Fahrer um die Wette und danach folgte jeweils die nächste Zweiergruppe des Teams, bis das komplette Team den Kurs absolviert hatte. 

Im Anschluss daran gab es Abendessen und als alle gestärkt waren ging es zum "Kaimanspotting". Dazu fuhren wir in kleinen Booten dem Ufer entlang. Der Himmel war voller Sterne, wurde jedoch immer wieder kurz durch entfernte Blitze taghell erleuchtet. Ich war immer noch vom Himmel in den Bann gezogen, da schrie plötzlich jemand "Kaiman!" und der der Bootsführer hatte einen Kaiman in seinen Händen. 😮
Wir nahmen den Kaiman mit zur Unterkunft, wo wir auf die anderen Bootsgruppen trafen, die ebenfalls Kaimane gefangen hatten. Wir erfuhren viel über diese Tiere und konnten noch Fotos machen, bevor wir sie wieder in den Fluss entliessen.

Schnell ein Foto bitte...
Am 3. Tag der Reise verliessen wir auf den kleinen Booten den Nebenarm des Amazonas und wechselten auf grössere Boote, die auf dem Hauptfluss des Amazonas weiterfuhren. So waren wir fast den ganzen Tag lang stromaufwärts unterwegs.
Karte des Amazonasgebiets in der Region Leticia - Puerto Nariño
Boote auf dem Nebenarm

Zuerst machten wir einen Halt bei einem Dorf, dessen Bewohner aufgefundene Jungtiere aufpäppeln und dann wieder in die Freiheit entlassen. Wir durften diese Jungtiere in die Arme nehmen und auch von Hand füttern. Wieder ein tolles Erlebnis!









Das Mittagessen nahmen wir während der Fahrt in einem anderen Dorf zu uns. Als wir bei diesem anlegten, trieb unter dem Anlegesteg Treibholz durch und darauf eine riesige Anakonda! Der Fluss fliesst ziemlich schnell, weshalb ich es nicht schaffte, ein Foto davon zu machen 😯


 
Nachdem wir praktisch den ganzen Tag auf Booten verbracht hatten, kamen wir abends endlich in Puerto Nariño an.
Am darauffolgenden Tag mussten wir wiederum schon früh aus den Federn, ein Bootsrennen auf dem Fluss stand an. Ohne zu frühstücken fuhren wir mit Motorbooten flussaufwärts und bogen auf einen Nebenarm ab. Es hatte noch Morgennebel über dem Dschungel, was eine mystische Stimmung ergab.

 
Auf diesem Nebenarm sahen wir sogar rosarote Flussdelfine! Jedoch sah man von diesen nicht wirklich viel, meistens ragte bloss die rosafarbene Rückenflosse und ein bisschen des Rückens aus dem Wasser. 
Den Delfin gerade verpasst...

Nach der Begegnung mit den Delfinen starteten wir in langen Kanus die "Flussregatta", bei der es grundsätzlich einfach darum ging, wieder nach Puerto Nariño zurückzupaddeln. Dort kamen wir nach ca. 1 Stunde dann auch erschöpft und mit Blasen an den Händen an - wir hatten uns unser Morgenessen redlich verdient!


Nach dem späten Frühstück ging es mit motorisierten Booten ein Stück den Amazonas hinunter zu einem Dorf. Die dort ansässigen "Ureinwohner" sind bekannt für ihre Handwerkskunst. Wir besuchten ihren Handwerkermarkt und danach nahmen wir an verschiedenen Workshops teil, z.B. Armbändchen knüpfen, Farben aus Pflanzen gewinnen etc.
Es war ein spannender Nachmittag!

Tanzvorstellung der Ureinwohner
Schöner Sonnenuntergang auf dem Rückweg nach Puerto Nariño

Wir waren vom morgendlichen Wettkampf immer noch ein bisschen müde, weshalb wir nach unserer Rückkehr nach Puerto Nariño nur noch das Nachtessen zu uns nahmen und schon bald schlafen gingen.

Fast den gesamten Folgetag verbrachten wir mit der Rückfahrt nach Leticia. Unterwegs war das Wetter sehr wechselhaft: immer wieder "schüttete" es kurzzeitig wie aus Kübeln, nur damit drei Minuten später wieder die Sonne schien.
Vor der Ankunft in Leticia mussten wir erneut auf die Insel im Fluss, diesmal um aus Peru auszureisen. Danach fuhren wir nach Leticia rüber, wo wir dieselbe Unterkunft wie in der 1. Nacht hatten.


Am Abend des letzten Tages fuhren wir in Motorradtaxis in den brasilianischen Teil von Leticia, um dort Nachtessen zu gehen.

"Bestes" Foto mit den brasilianischen Tänzer/-innen 😂

Am nächsten Morgen wären wir nochmals über die Grenze nach Brasilien gegangen, doch daraus wurde nichts. Im Verlaufe der Nacht hatten sich immer mehr Austauschschüler/-innen über Übelkeit, Durchfall und Erbrechen beklagt. Dies ging so weit, dass am nächsten Tag über die Hälfte unserer Reisegruppe (ca. 25 Austauschschüler/-innen) erkrankt war und ins Spital musste. Durch die grosse Anzahl Erkrankter "schafften" wir es sogar, beide Spitäler von Leticia komplett zu belegen! Anscheinend wurden sogar die lokalen Medienleute darauf aufmerksam und verlangten im Spital nach Interviews! Ich hatte Glück und erkrankte nicht.

Die erkrankten Austauschschüler/-innen mussten im Spital bleiben und durften erst einen Tag später Tag nach Hause fliegen, die Gesunden flogen wie geplant nach Bogotá zurück. Dadurch konnte ich mich von vielen Austauschschülern gar nicht persönlich verabschieden, denn dies war unser letztes gemeinsames Zusammentreffen gewesen.